Die Anreise nach Tamghas war wie immer recht beschwerlich, jedoch ohne nennenswerte Komplikationen. Krishna und ich fuhren in einem Minibus eines privaten Unternehmens mit zwanzig anderen Reisenden. In Tamghas gibt es ein Hotel mit akzeptablem Standard, in dem wir übernachteten.
Die Weiterreise mit einem lokalen Jeep gestaltete sich schwieriger. Der gebuchte Jeep war defekt, und so versuchten alle Mitreisenden die verfügbaren Wagen zu entern. Die Aussicht, sechs Stunden auf dem Dach eines Jeeps zu verbringen, fand ich nicht so lustig. Deshalb organisierte Krishna ein Auto, das wir privat buchten, was natürlich teurer als eine normale Passage war. Letztendlich hatten wir es dann doch nicht für uns allein, irgendwie wurden wir nach üblicher Art und Weise von weiteren Mitreisenden okkupiert. Den vereinbarten Preis reduzierten wir entsprechend. Da wir erst am Mittag nach Banjhakateri aufbrachen, erreichten wir unser Ziel entsprechend spät. Zudem weigerte sich der Fahrer, bis zum Health Post zu fahren. Die Straßen- oder besser Wegeverhältnisse schienen ihm zu schlecht, der eigentliche Grund aber war, dass er einfach keine Lust mehr hatte zu fahren. So suchten wir uns zwei Träger für unser Gepäck und gingen die letzten zwei Stunden zu Fuß.
Im Dorf wartete man schon den ganzen Tag auf uns. Am Dorfeingang waren viele Menschen versammelt, und wir wurden mit „Pauken ohne Trompeten“ begrüßt. Danach startete sofort ein wildes Tanzfest mit der Überreichung von Malas (Blumenkränze) und vielen Tikkas(rotes Puder) als Zeichen der Ehrung und Wertschätzung. Krishna und ich sahen danach aus wie Indianer mit Kriegsbemalung. Die rote Farbe, eigentlich ein Puder, fand sich in allen Ritzen und auf jedem Kleidungsstück.
Auch ich als Tanzmuffel konnte mich der Damenwahl nicht widersetzen und drehte meine Runden auf dem Lehmboden. Darüber vergaßen wir unsere Müdigkeit und auch den Hunger.
Irgendwann verließen Krishna und ich das Fest, was kaum bemerkt wurde. Noch beim Einschlafen hörte ich die Musik und das laute Lachen. Diese Fröhlichkeit ließ mich alle Anstrengungen vergessen und ich fand in einen tiefen Schlaf.
Den nächsten Tag und die darauf folgenden Tage nutzen wir zu einer Bestandsaufnahme.
Einen Betriebsausflug gab es auch. Mit etwa 12 Personen sind wir 7 Stunden gewandert. Ich möchte nicht wissen, wie viele Höhenmeter das waren. Dafür gab es herrliche Ausblicke auf den Himalaya. Das Picknick zwischendurch schmeckte köstlich, kaltes Quellwasser ersetzte meinen enormen Flüssigkeitsverlust durch permanentes Schwitzen. Am Abend aber war ich nicht der Einzige, der kaputt war und früh schlafen ging.
Den Rest der Besuchstage verbrachten Bishnu und ich mit der Behandlung von Patienten. Diese kamen erst gegen Mittag, da es die Zeit der Reisernte war, da darf man eigentlich nicht krank sein. Die Arbeit für die Bauern beginnt um 5 Uhr morgens. Da der Reis in gebückter Haltung mit der Sichel geschnitten wird, entstehen immer wieder Schnittverletzungen, die genäht werden müssen. Das macht Bishnu gut.
Am 26.10.11 verließen wir dann Banjhakateri etwas plötzlich . Das Lichterfest Tihar war die eigentliche Ursache. Tihar hat in Nepal etwa den Stellenwert wie unser Weihnachten. Die ohnehin schon angespannte Situation des Personentransports wird dann zu einem wahren Problem. Da ganz unvorhergesehen ein Jeep im Dorf verfügbar war, nahmen wir das zum Anlass abzureisen. Auf halber Wegstrecke wurden wir jedoch hinaus komplimentiert und mussten den Rest der Strecke zu Fuß laufen. Es dauerte fünf Stunden. Auf unserer Abkürzung mussten wir dreimal einen Fluss überqueren. Beim dritten Mal landete ich prompt im Bach. Die letzten drei Stunden quatschte das Wasser in meinen Stiefeln.
Die Rückfahrt nach Kathmandu war nur in einem Privat PKW möglich, dafür aber auch komfortabler. Die Straßen waren für hiesige Verhältnisse recht leer und wir schafften die Strecke Tamghas-KTM in zehn Stunden.
Der Prozess der Anerkennung unseres Partnervereins „Nepal Help“ ist ziemlich weit fortgeschritten. Ich rechne mit dem Vollzug noch vor meiner Abreise. Das Verfahren in Nepal ist identisch mit dem in Deutschland, nur mit noch mehr Formalitäten behaftet. Nichts kann online erfolgen, überall müssen die Mitarbeiter persönlich erscheinen und immer lange warten. Gerda Rath, meine österreichische Kollegin, gehört mit ihrem Verein Heathcare Nepal ebenfalls dazu. So können wir uns die Kosten, die allerdings verhältnismäßig gering sind, teilen. Die legale Anerkennung ist unabdingbar. Das gilt auch für meinen Beitritt in die Ärztekammer Nepals, den ich beantragt habe.
Krishna wird im Dezember/Januar Banjhakateri erneut besuchen, die Bücher prüfen und nach dem Rechten sehen. Ich werde voraussichtlich im März 2012 wieder vor Ort sein. Einige Freunde und Mitglieder Brepals haben Interesse mich zu begleiten.
Kathmandu im November 2011